Baba Jaga
Baba Jaga

Baba Jaga

Herkunft

Baba Jaga, auch Baba Zima (die Kalte) oder Baba Roga (die Gehörnte), ist eine präsente Figur in der Slawischen Mythologie. Baba ist in vielen slawischen Sprachen die Bezeichnung für eine alte Frau oder eine Koseform für Großmutter. Im Kontext von Erzählungen nimmt sie oft die Rolle der Hexe westeuropäischer Erzählungen ein.

Die 1000 Gesichter der Baba Jaga

Baba Jaga taucht in verschiedenen Märchen und Sagen in teils unterschiedlichen Manifestationen auf. Überwiegend erscheint sie in Form einer alten etwas verwahrlos und abgemagert wirkenden Frau. Eine lange und spitze Nase ist charakteristisch für die Figur. Sie lebt allein tief im Wald und kann mächtige Zauber und Flüche aussprechen. In vielen Erzählungen wird von einem Zaun aus Knochen berichtet, der ihr Grundstück umgibt. Dessen Pfosten werden von Totenschädeln geziert und bereiten jedem Besucher einen schaurigen Empfang. Ähnlich vertrauenserweckend ist das Haus von Baba Jaga – eine Holzhütte, die auf langen Hühnerbeinen steht. In früheren Erzählungen ist sie an Orte wie Berge oder Täler gebunden und kann sich nur in einem bestimmten Radius bewegen.

In modernen Märchen lebt sie als ältere Frau gemeinsam mit Menschen in einer Dorfgemeinschaft. Ähnlich wie bei der Figur des Aswang ahnt keiner der Menschen um Sie herum , wer sie wirklich ist. Nur im Angesicht der Nacht zeigt sie ihr wahres Gesicht. In punkto Fortbewegung setzt sie im Vergleich zu klassischen mitteleuropäischen Hexen auf Komfort. Anstatt auf einem Besen zieht sie es vor, in einem Mörser zu fliegen, den sie mit dem dazugehörigen Stößel lenken kann. Besen nutzt sie nur, um ihre Spuren zu verwischen und so ihre Anwesenheit zu verschleiern.

Ambivalenz ist ihre Agenda

Baba Jaga nimmt im Laufe der Jahrhunderte verschiedene Rollen in Erzählungen ein. Einmal verkörpert sie eine weise Helferin, die dem Protagonisten der Geschichte mit ihrem Rat oder einem Artefakt unterstützt. In anderen Geschichten übernimmt sie die Rolle des Antagonisten. Als arglistige Hexe stellt sie den Unschuldigen nach und versucht diese, vom Rechten weg abzubringen – oder einfach zu töten und zu fressen.

Im Vergleich zu zentraleuropäischen Märchen ist auch ihre Manifestation als Helferin von einer merkbaren Härte geprägt. Sie gibt nicht aus reiner Nächstenliebe. Wer ihre Hilfe will, muss sich in ihren Augen beweisen. Fleiß, Ausdauer, Ehrlichkeit und Selbstvertrauen sind die Eigenschaften, nach denen sie im Gegenüber Ausschau hält. Die Aufgaben, die diejenigen erfüllen müssen, die sie um Hilfe bitten, sind sehr herausfordernd. Oftmals droht sie den Bittstellern mit harten Strafen oder dem Tod, wenn sie scheitern. Wenn jedoch alles zu Baba Jagas Zufriedenheit erledigt wurde, hält sie Wort und belohnt den Protagonisten.   

Diese Ambivalenz der Darstellung steht mit ihrer ursprünglichsten Manifestation in der slawischen Mythologie in Verbindung. Gemeinsam mit der „Jungfrau“ und der „Mutter“ bildet sie als „Alte Frau“ die Verkörperung einer dreifaltigen Gottheit. Sie repräsentiert den Aspekt von:

  • Leben
  • Tod
  • Wiedergeburt

Einige Darstellung Baba Jagas werden von den Attributen ihrer „Schwestern“ beeinflusst. Deren Aspekte wie Jugend und Milde rücken dabei in dien Vordergrund.  

Eine negative Konnotation der Figur in Sagen steht mit dem steigenden Einfluss des Christentums im mittelalterlichen Osteuropa in Verbindung. Baba Jagas Klugheit wandelt sich in hinterlistige Bösartigkeit. Ihre Absichten, den Helden zu fordern werden von der Agenda abgelöst, ihn zu verderben oder zu töten. Zusammengefasst – Sie wird näher an das Bild der klassischen Hexe herangerückt, die mit dem Bösen paktiert.

Baba Jaga und die schöne Vasilia

In der Slawischen Folklore sind unzählige Geschichten mit Baba Jaga überliefert. Exemplarisch dafür wird an dieser Stelle die Sage der schönen Vasilia erzählt.

Vasilias Unglück

Einst heiratete ein junger Kaufmann eine Frau und sie bekamen ein Kind. Das Mädchen wurde von allen gemocht. Zudem war sie sehr hübsch und wurde Vasilia die Schöne genannt. Die Familie war sehr glücklich, bis zum Moment, als Vasilias Mutter schwer erkrankte. Sie wurde immer schwächer und rief ihre Tochter in ihrer letzten Stunde zu sich. Bevor sie starb, gab sie ihrer Tochter eine kleine magische Puppe. Wann immer Vasilia Hilfe bräuchte, sollte sie der Puppe ein wenig zu essen und zu trinken geben. Weiters sollte sie das Geschenk immer an ihrem Körper tragen und niemandem von ihrer Existenz erzählen. Als Vasilias Mutter starb, gab das Mädchen der Puppe zu essen und zu trinken. Diese tröstete Vasilia und stand ihr in diesen dunklen Stunden bei.

Die böse Stiefmutter

Als das Trauerjahr vorüber war, entschloss sich Vasilias Vater, wieder zu heiraten. Seine Tochter sollte wieder eine Mutter in ihrem Leben haben. Seine Wahl fiel auf eine Witwe die zwei Töchter in die Ehe mitbrachte. Leider hatte sich der Vater in seiner neuen Frau getäuscht. Wann immer sie mit Vasilia allein war, behandelte sie ihre Stieftochter sehr grausam und zwang sie, alle Aufgaben im Haushalt zu übernehmen. Als Vasilia zur Frau heranwuchs, hielten viele Männer um ihre Hand an. Doch es schickte sich nicht, dass die jüngste Tochter vor den beiden älteren den Bund der Ehe einging. An Vasilias Stiefschwestern hatte jedoch kein Mann Interesse. So musste auch sie unverheiratet bleiben.

Als Vasilias Vater zu einer längeren Handelsreise aufbrach, nutzte ihre Stiefmutter die Gelegenheit. Um sich ihrer Stieftochter zu entledigen, verkaufte sie das Haus der Familie. Sie zog gemeinsam mit den drei Mädchen in eine Hütte am Waldesrand. Es gab viele Erzählungen, dass die grausame Baba Jaga in diesen Wäldern leben sollte. Auch wurde gemunkelt das immer wieder Menschen verschwinden würden, die den Wald betreten.

Um sich Vasilia zu entledigen, ohne dass dabei der Verdacht auf sie fallen würde, schickte sie die Stiefmutter oft in den Wald. Doch mit der Hilfe der Puppe, die ihr ihre Mutter geschenkt hatte, konnte sie allen Gefahren entkommen. So ersann die Stiefmutter einen teuflischen Plan, um das Mädchen endlich allemal loszuwerden. Eines Abends sagte sie ihren Töchtern, sie sollen alle Kerzen im Haus löschen. Dann warf sie Vasilia aus der Hütte und befahl ihr, Feuerholz zu holen. Und zwar direkt von Baba Jagas Hütte!

Vasilia vor der Hütte von Baba Jaga
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Baba Jagas grosser Auftritt

Vasilia war verzweifelt doch mit der Hilfe der magischen Puppe kam sie zu einer Hütte.  Das Mädchen war starr vor Schreck. Dort angekommen sah sie einen Zaun aus Menschenknochen, der das Grundstück umgab. Die Hütte selbst stand auf zwei großen Hühnerbeinen. Schon kam die alte Baba Jaga in ihrem riesigen Mörser angeflogen. Als sie erfuhr, warum das Mädchen sie aufgesucht hatte, machte Baba Jaga Vasilia einen Vorschlag. Sie sollte alle Aufgaben, die ihr die Hexe übertrug, erledigen, um das Feuer zu bekommen. Wenn sie es nicht schaffen würde, würde die Hexe Vasilia töten. Sie gab dem Mädchen genau einen Tag Zeit.

Vasilia arbeitete hart und ohne Pause, aber sie merkte bald, dass die vorgegebene Zeit nicht reichen würde. Verzweifelt und müde bemerkte sie plötzlich eine Bewegung in Ihrer Tasche. Es war die Puppe, die sie von ihrer Mutter bekommen hatte. Sie tröstete Vasilia und versprach ihr, alle ausstehenden Arbeiten für sie zu erledigen.

Vasilia schlief erschöpft ein und wurde erst durch Baba Jagas Ankunft aus dem Schlaf gerissen. Die Hexe prüfte Vasilias Werk mit scharfem Blick und war zufrieden. Sie fragte die junge Frau wie es ihr gelungen war, die Aufgaben in dieser kurzen Zeit zu erfüllen. „Mit dem Segen meiner Mutter“ antwortete Vasilia und das Gesicht der Hexe verzerrte sich spöttisch. Mit „Segen und Gesegneten“ wollte Baba Jaga nichts zu tun haben. Sie gab Vasilia einen Totenkopf voller glimmender Kohlen und verjagte sie aus ihrem Heim.

Ende Gut Alles Gut

Nach einem anstrengenden Marsch erreichte Vasilia die Hütte am Waldesrand von der sie aufgebrochen war. Der Schornstein qualmte nicht, und kein Licht drang aus den Fenstern. So sehr sich ihre Stiefmutter und ihre Stiefschwestern auch bemüht hatten. Alle Flammen, die ins Haus getragen oder angezündet wurden, erloschen augenblicklich wie von Zauberhand. Doch nicht die Kohlen, die sie von Baba Jaga erhalten hatte. Vasilia betrat die Hütte und als das Licht auf die drei bösen Frauen fiel, verbrannten diese zu Asche.

So hatte sich Vasilia ihrer Peiniger entledigt und konnte frei leben. Sie wurde eine berühmte Schneiderin. Ihre Mäntel waren von solcher Schönheit, dass der Zar selbst auf Vasilia aufmerksam wurde. Er verliebte sich in sie, die beiden heirateten und leben glücklich bis ans Lebensende

Oldie but Goldie – Baba Jaga in der Gegenwart

Baba Jaga ist eine sehr vielschichtige Figur, deren Bekanntheit und Popularität, die seit vielen Jahrhunderten ungebrochen ist. So ist es nicht verwunderlich, dass die Figur auch in modernen Erzählungen eine Rolle spielt. Besonders erwähnenswert ist ihre Darstellung im Jahr 2015 erschienenen Videospiel The Witcher 3.

Dort tritt sie in Anlehnung an ihren mythologischen Ursprung in Form von drei Schwestern in Erscheinung. Diese als „Die Muhmen vom Buckelsumpf“ bezeichneten Kreaturen sind uralte Wesenheiten. Sie haben eine enge Verbindung mit dem Land und der Natur. Sie werden als grausam und verschlagen portraitiert. Als Antagonisten schmieden sie Ihre Ränke und verfolgen ihre dunklen Ziele. Dabei geraten Sie mit dem Protagonisten Geralt von Riva, einem professionellen Monsterjäger, in Konflikt. Eine Auseinandersetzung, die mit Klingen und Hinterlist ausgetragen wird, beginnt. Und es kann nur einen Gewinner geben…