Draugr
Draugr

Draugr

Herkunft

Die Figur des Draugr (Plural Draugar) ist ein lebendiger Toter oder ein Wiedergänger. Er ist ein oft wiederkehrende Figur im Volksglauben Skandinaviens und in vielen isländischen Sagas.

Aussehen und Fähigkeiten

Im Gegensatz zu Geistern und Gespenstern, die sich in ätherischer Form manifestieren, verfügt der Draugr über eine feste physische Gestalt. Das Erscheinungsbild des untoten Wesens steht in Verbindung mit der Ursache ihres „Todes“. Draugar, die im Kampf gefallen sind, haben blutende klaffende Wunden. Wenn sie durch Feuer umkamen sind sie rußgeschwärzt und haben verkohlten Schorf am ganzen Körper. Die nicht durch Entstellung gekennzeichneten Körperstellen weisen eine schwarz-bläuliche Färbung auf.

Ihre übermenschliche Kraft und ihre magischen Fähigkeiten machen den Draugr zu einem ernstzunehmenden und gefährlichen Gegner. Verschiedenen Sagen schreiben dem Untoten diverse Fähigkeiten zu. So soll er die Gabe besitzen, sich in Tiere zu verwandeln. Er kann seine Größe beliebig ändern oder Menschen mit dem bösen Blick verfluchen. Ähnlich wie der Nachzehrer findet er seine Opfer in der unmittelbaren Umgebung. Kurz zusammengefasst:

  • Übermenschliche Kräfte
  • Gestaltwandlerische Fähigkeiten
  • Ändern der Größe
  • Böser Blick

How to kill a Draugr…finally

Als populäre und häufig auftretende Antagonisten stellt sich für die Helden diverser Erzählungen natürlich eine Frage. Wie befördert man den Widergänger final und ohne Chance auf Rückkehr ins Jenseits. Viele Draug finden ihr Ende durch ein universelles Mittel gegen die lebendigen Toten: dem Feuer. Einige Sagen sprechen davon, dass man sie köpfen muss. Anschließend muss das abgetrennte Haupt in ihren Schoß gelegt werden, um die Kreaturen zu bannen. Manche Draugr verfügen wiederum über physische Resistenzen und sind nur mit magischen Waffen zu verwunden.

Home Sweet Home

Für den Widergänger stellt eine Grabstätte, meist ein Hügelgrab, den Anker in der Welt der Lebenden dar. Es ist die Wohnstatt des Draugr und in vielen Sagen auch das Zentrum eines beschränkten Bewegungs- und Aktionsradius. In manchen Sagen werden sie auch als mächtige Beschützer alter Gräber genannt.

Dafür, dass die Bedrohung durch die Untoten im alten Skandinavien als real angesehen wurde, finden sich viele Beweise. Amulette wurden mit Runen beschrieben, die den Träger vor dem Draugr schützen sollten. Zauber, die in Form von Inschriften in Grabanlagen gefunden wurden, sollten dafür sorgen, dass die Verstorbenen in ihren Gräbern verbleiben.  

Der Draugr in den nordischen Sagas

In alten skandinavischen Erzählungen wird der Draugr durch Gier, Neid und seine Brutalität charakterisiert. Er terrorisiert die Menschen, die in der Nähe seines Grabes leben und ihn oftmals als lebende Person gekannt haben. Die Position, in der der der Tote vor seiner Wiederkehr beigesetzt wurde, ist charakteristisch. So ist eine Bestattung in aufrechter Haltung ein oft erwähntes Detail in diversen Sagas. Die folgenden Sagen zeigen, wie die Figur des Draugr in Erzählungen auftaucht.

Glámr und die Saga von Grettir dem Starken

Einer berühmtesten Draugr in isländischen Sagen ist der Wiedergänger Glámr. Er wird als unsozialer Heide charakterisiert, der sich nicht in die örtliche christliche Gemeinde einfügt. Ihm übertragene Aufgaben erfüllt er nur – wenn überhaupt – widerwillig. Nach einem Streit mit der Bauernfamilie, für die er arbeitet, wird er am Tag nach Heiligabend tot aufgefunden. Seine Leiche ist schwarz gefärbt und aufgedunsen. Da die Dörfler seine Leiche nicht bewegen können häufen sie Steine über dem toten Leib auf. Glámr erwacht als Draugr von den Toten und bringt Tod und verderben über alle Lebewesen im Tal.

Alle Versuche sich des bösen Wesens zu entledigen sind zum Scheitern verurteilt. Erst Grettir Asmundarson, einem großen Helden, gelingt es den Untoten zu besiegen. Nach einem epischen Kampf gelingt es ihm, Glámr das Haupt vom Rumpf zu schlagen und ihn so zu töten. Mit dem bösen Blick verwünscht Draugr den Helden, der sich nie wieder vollständig von diesem Fluch erholt.

Hrappr aus dem Laxárdal

Der Protagonist Hrappr wird als brutaler, skrupelloser und habgieriger Mensch charakterisiert. Ständig bedrängt er seine Nachbarn im Laxárdal und will ihnen Hab und Gut rauben. Nach seinem Tod kehrt er als Draugr zurück. Mit unheimlichen Kräften ausgestattet lässt er seiner Rachsucht freien Lauf und terrorisiert er die Bewohner des Tals. Nach vielen erfolglosen Versuchen, sich des Untoten zu entledigen, kann der böse Geist seinem Schicksal nicht für immer entgehen. Durch das Verbrennen seines Leichnams können die Menschen im Laxárdal den Fluch brechen und Hrappr endgültig töten.

Von Skyrim bis Mittelerde – der Draugr in modernen Erzählungen

Die Figur des Draugr ist nicht nur in alten skandinavischen Sagen zu finden, sondern fand auch Eingang in moderne Erzählungen. J.R.R. Tolkien ließ sich beispielsweise im ersten Band der Herr der Ringe – Trilogie von den nordischen Wiedergängern inspirieren. Dort werden der Protagonist Frodo und seine Freunde am Beginn ihrer Reise von Grabunholden (orig. barrow-wights) in deren Hügelgräber gefangen genommen. Nur mit viel Glück können sie den finsteren Kreaturen entkommen.

In jüngerer Vergangenheit fand der Draugr durch sein Erscheinen im Computerspiel The Elder Scrolls 5: Skyrim Eingang in die Populärkultur. Dort bewachen die untoten Wesen uralte Grabanlagen und attackieren jeden Eindringling, der die Ruhe der Toten stören will.